Alle in einem Boot: Segel-Rüstzeit in den Niederlanden

Holland/ In See. Am Sonntagnachmittag begann eine besondere Reise: Etwa 20 Feldwebel des Objektschutzregiments der Luftwaffe „Friesland“ vom Fliegerhorst Jever in Schortens brachen von Jever aus in Richtung Harlingen in den Niederlanden auf. Ihr Ziel: Eine Woche auf See, an Bord des über 100 Jahre alten Zweimasters „Waterwolf“. Die Segel-Rüstzeit fand vom 18. bis 23. Mai 2025 in niederländischen Gewässern statt und wurde gemeinsam von der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung (EAS) und dem Evangelischen Militärpfarramt Schortens organisiert.

Ein Erfahrungsbericht von Bord der „Waterwolf“,
geschrieben von Militärpfarrer Stephan Bohlen.

Unter der Leitung von Regionalreferent Dieter Hollinde und Militärpfarrer Stephan Bohlen wurde der über 100 Jahre alte Zweimaster geentert, die Kajüten bezogen, erste Dienste eingeteilt, das erste Essen genossen. Am Abend erklärte der Skipper, was an Bord zu beachten sei und welche Routen in den kommenden Tagen geplant seien. Nach einem ersten Impuls zum Thema der Reise: „Kommunikation“, munteren Gesprächen und Spielrunden ging es in die Kojen.

Der erste Tag auf See

Am nächsten Tag das erste Frühstück an Bord, dann Klarschiffmachen zum Auslaufen und hinaus auf See. Eine steife Brise weht um die Nase. Die Segel werden gesetzt, Alle ziehen an einem Strang. Später unter Deck eine Arbeitseinheit unter geblähten Segeln: „Wie kann es klappen, dass wir uns (gut) verstehen?“. Dann Zeit für Gespräche, Spiele, oder um einfach die Gedanken ziehen zu lassen, sich auszuruhen von fordernden Dienstgeschäften, mancher Übung und Einsätzen, die nicht immer spurlos an einem vorüber gegangen sind.

Objektschutz ist ein besonderes Geschäft. Das erfüllt einen. Aber das fordert auch. Umso wichtiger ist es, einmal rauszukommen. Schon nach den ersten Metern auf See das Gefühl der Entschleunigung. „Soweit weg das alles!“, meint einer der Männer und schaut auf den Horizont.

Vlieland kommt in Sicht. Alle müssen wieder ran, um das Boot sicher in den Hafen zu bringen. Segeln ist Teamsache. Alle in einem Boot. Alle ziehen an einem Strang. Jede Hand da, wo sie gebraucht wird. Jeder Mann weiß, dass er sich auf den anderen verlassen kann und muss. Kommunikation ist alles.

Von Vlieland nach Ameland

Am Morgen geht es wieder raus. Die See wartet. Der Wind frischt auf. Das Boot neigt sich zur Seite. Was nicht fest verstaut war, findet sich nun anderswo wieder. Landratten lernen dazu. Erfahren, was die See verlangt. Auch die Stürme des Lebens lassen einen durch Erfahrung reifen. Davon ist zu hören in den weiteren Impulsen. Konflikte gehören dazu. Bringen voran oder führen in die Sackgasse. Besser man lässt sich von den Gefühlen nicht fortwehen, sondern behält den Überblick und den Kurs im Blick. Die Fahrt selbst wird zum sprechenden Bild.

Zum Abend lässt der Skipper das Boot vor Ameland trockenfallen. Zu Fuß geht es an Land. Ein kurzer Spaziergang durch die Dünen, den Strand entlang. In der Ferne der Kirchturm, Häuser, ein Leuchtturm der den Schiffen draußen den Weg weist. Irgendwann kommt die Flut und das Schiff ist wieder frei. Mit Motorkraft geht es etwas weiter hinaus zum Ankern.

Ab nach Terschelling

Seehunde liegen auf einer Sandbank ein paar hundert Meter voraus. Das ist der Blick am nächsten Morgen. Frühstück und Impuls in der Messe, dann wieder raus. Alles klar machen zum Segeln. Der Wind hat aufgefrischt. Die Segelfläche wird verringert. Dann werden die Segel gesetzt. Nun sind die Sachen unten besser verstaut. Man lernt dazu. Manchmal auch im echten Leben. Nur: Miteinander erfolgreich zu kommunizieren, scheint mitunter schwieriger, als ein Boot mit ungelernter Mannschaft durch Wind und Strömung zu steuern… Schließlich kommt die „Waterwolf“ in Terschelling an. Als drittes Schiff in der Reihe machen wir fest. Es geht in den Ort. Einkaufen. Am Abend wird gegrillt. Die Männer sind gut drauf. Es wird gescherzt und gelacht.

Zurück in den Heimathafen

Der letzte Seetag bricht an. Noch mehr Windstärken sind angesagt. Noch besser werden die eigenen Siebensachen verstaut. Der Proviant gesichert, das Moderationsmaterial verpackt. Die Segel nochmals verkleinert. Nach dem Frühstück geht es hinaus. Herrlich frische See. Das Wasser spritzt über Deck. Als der Skipper in den Wind dreht, wird alles eigentümlich ruhig. Wie im Flow. Wie wenn alles fließt. Man sich blind versteht. Alles gut ist. Dann passiert es: Das Boot sitzt fest. Eine Sandbank. Eben war alles noch gut, dann der Bruch. Wie im Leben. Der Skipper bewahrt die Ruhe. Wirft die Maschine an, bekommt die „Waterwolf“ bald wieder frei. Dinge müssen nicht eskalieren. Auch im Zwischenmenschlichen nicht. Darum geht es im Impuls.

Am späten Nachmittag Ankunft in Harlingen. Der letzte Abend. Morgen kommt der Bus. Wie die Rückkehr in eine andere Welt fühlt sich das für manchen an. Und irgendwie ist es ja auch so.

Text: Militärpfarrer Stephan Bohlen

Fotos: EAS/ Dieter Hollinde