Die Nachbarn kennenlernen – Rüstzeit in Belgien und Holland

Ysselsteyn/Niederlande. Gemeinsam mit dem Evangelischen Militärpfarramt Rotenburg (Wümme) organisierte die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung (EAS) für Soldatinnen und Soldaten aus dem niedersächsischen Rotenburg (Wümme) vom 6. bis 10. Mai eine Rüstzeit ins benachbarte Holland.

Nach einigen Stunden Fahrt war der Startpunkt der 5-tägigen Rüstzeit erreicht: Die Kriegsgräberstätte Ysselsteyn. In unmittelbarer Nähe des Friedhofs unterhält der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. eine Jugendbildungsstätte, die das Zuhause für die kommende Woche sein sollte. Nach einer kurzen Begrüßung ging es anschließend zu einer Führung über die Kriegsgräberstätte, auf der über 31.700 deutsche Soldaten, Zivilisten und Kollaborateure begraben sind. Allein die schier nicht endende Menge an Kreuzen auf diesem Friedhof beeindruckte die jungen Mitreisenden. Eine Ehrenamtliche der Jugendbildungsstätte zeigte neben Zahlen und Fakten vor allem an einigen Einzelschicksalen, wer auf diesem Friedhof begraben ist und erklärte warum es so wichtig ist, diesen zu erhalten.

Am nächsten Morgen ging es dann ins benachbarte Belgien. Direkt an der niederländischen Grenze befindet sich die ehemalige Festung EBEN EMAEL in der gleichnamigen Ortschaft. Bekanntheit erlangte dieses Fort im Mai 1940, als es zum ersten Ziel deutscher Fallschirmjäger wurde und innerhalb von nur wenigen Stunden eingenommen wurde. Dreieinhalb Stunden lang führte der Guide die Gruppe durch die unendlich erscheinenden Gänge und auf das Dach der Festung – was als Dach kaum zu erkennen ist, da es komplett bewachsen ist und lediglich die verbliebenen Geschütztürme aus dem Boden herausragen. Nach einem Barbecue in der Bildungsstätte in Ysselsteyn holte Militärpfarrer Bernd Kuchmetzki vom Evangelischen Militärpfarramt Rotenburg (Wümme) seine Gitarre ans entzündete Lagerfeuer und begann zu spielen. Neben der Musik stand das bislang Gesehene im Vordergrund des abendlichen Beisammenseins. Die vielen Kriegstoten in der direkten Nachbarschaft verdeutlichten allen, wie wichtig Frieden ist und dass dieser in keiner Art und Weise gefährdet werden darf.

Am Mittwoch stand ein Besuch der niederländischen Armee auf dem Plan. Zunächst ging es jedoch in das niederländische Militärmuseum. Das gerade einmal fünf Jahre alte Museum begeistert durch seine Architektur, seine pädagogische Aufbereitung und die vielen Exponate aus der niederländischen Militärgeschichte. Die beiden Guides konnten in knapp eineinhalb Stunden nur einen kurzen Ausschnitt dessen zeigen, was hier dargeboten wird. Im Anschluss bestand noch einmal die Möglichkeit, allein durch die Räume zu gehen. Eine Besonderheit war am Nachmittag der Besuch bei einer ganz besonderen Einheit der niederländischen Armee: Bestehend aus nur vier Soldaten kümmert sich der Gräberdienst des Königlichen Niederländischen Heeres um die Identifizierung von Kriegstoten. Bereits im Seminarraum konnte man erahnen, was diese Einheit Tag für Tag umtreibt. Die Vitrinen waren gefüllt mit verschiedensten Militaria deutscher, englischer und anderer Armeen, die bei den Ausgrabungen auf den ehemaligen Kriegsfeldern des Ersten und Zweiten Weltkrieges bei den gefallenen Soldaten gefunden wurden. Anhand eines Einzelfalls zeigte der Leiter des Instituts, Hauptmann Geert Jonker, wie diese Einrichtung arbeitet und wie lange es dauern kann, bis ein gefundener Kriegstoter zweifelsfrei identifiziert und begraben werden kann. Nach diesem Vortrag ging es dann in das forensische Labor des Instituts. Auf drei Edelstahltischen waren die Gebeine dreier Kriegstoter aufgebahrt, die derzeit zu identifizieren sind. Wie das Ganze von Statten geht, wurde der Gruppe in aller Ruhe erklärt. Ebenso stellten die Rüstzeitteilnehmer in großer Zahl Fragen, so dass am Ende nichts offen blieb. Mit den Bildern und Eindrücken im Kopf ging es anschließend auf die Heimfahrt nach Ysselsteyn.

Die niederländische Hauptstadt Amsterdam war am letzten Programmtag das Ziel der Teilnehmer, wo für alle die Möglichkeit bestand, diese pulsierende Metropole zu erkunden. Nach einer informativen Fahrt über die Grachten der niederländischen Hauptstadt, konnte sich jeder nach Lust und Laune in der Stadt vergnügen. Wieder in Ysselsteyn angekommen endete das Programm mit einem gemeinsamen Abendessen, bevor es am Freitag wieder nach Rotenburg (Wümme) ging.

Ein besonderer Dank geht an Militärpfarrer Bernd Kuchmetzki und Pfarrhelfer Friedhelm Heinssohn vom Evangelischen Militärpfarramt Rotenburg (Wümme) für das entgegengebrachte Vertrauen bei der Planung und Durchführung dieser Rüstzeit, sowie beim Team der Bildungsstätte in Ysselsteyn für die gute Beherbergung und zuletzt bei Hauptmann Geert Jonker vom Gräberdienst des Königlichen Niederländischen Heeres, der der Gruppe einen authentischen Eindruck der wichtigen Arbeit des Gräberdienstes vermitteln konnte.